ZEIT Magazin Online

2022-06-10 21:31:48 By : Ms. Echo Zhang

Die Pazifikküste des mexikanischen Bundesstaates Oaxaca erreicht man auf dem Luftweg, etwa von Mexiko-Stadt kommend, in einem kleinen Propellerflugzeug, was insofern nett ist, als dass es einen schon mal einstimmt auf die nächsten Tage: Es wird jetzt alles ein bisschen uriger, dschungelhafter, entrückter. Beim Überqueren der Landebahn des Flughafens von Puerto Escondido riecht man die tropische Feuchtigkeit. Es empfiehlt sich, am Geldautomaten im Flughafengebäude einen größeren Bargeldvorrat abzuheben, die Automaten in Strandnähe sind nämlich vor allem in der Hauptreisezeit (Oktober bis April) öfter mal leer gepumpt, und in Taxis und vielen Restaurants zahlt man cash.

Auf dem Weg nach San Agustinillo, das knapp eineinhalb Autostunden östlich des Flughafens von Puerto Escondido liegt, kommt man am Surfer-Hotspot Brisas de Zicatela vorbei. Selbst wer noch nie auf einem Surfbrett gestanden hat, sollte hier einen kleinen Halt einlegen. Inmitten von Palmen und Mangobäumen läuft man auf unbefestigten Straßen zur majestätischen Pazifikbrandung. Sehr gut aussehende Menschen fahren, barfuß auf Motorrädern sitzend, ihre Surfbretter durch die Gegend. Dazwischen streunen Hühner und Hunde. Im Café Amarisa (Papaya-Melonen-Salat, hausgemachtes Brot) frühstücken die lokalen Schönlinge mit Fischzahnhalskette und in nasser Badehose. Die besten Fisch-Tacos gibt es in einer Imbissbude namens Fish Shack, gelegen in einer engen, sandigen Gasse wenige Meter vom Meer entfernt, was Straßenakrobaten nicht davon abhält, hier auf ihrem Einrad vorbeizuschauen. Morgens weckt einen das Krähen der Hähne, ab dem frühen Nachmittag pumpt Partymusik durch das Dorf. Zicatela hat zugleich etwas von Aussteiger-Oase und James-Bond-Schauplatz. Ein guter Mix – zumindest für ein bis zwei Tage und für alle, die keine Angst vor meterhohen Wellen haben.

In Zicatela schnappen Sie sich ein Taxi, das, je nach Klapprigkeit, möglicherweise nicht über Anschnallgurte verfügt. Darin geht es in einem Affenzahn über die Bundesstraße 200 durch eine sandfarbene Wildwestlandschaft, vorbei an Obstständen, die Wassermelonen verkaufen; etwas abseits der Straße findet man hier teils ganze Kakteenwälder vor. Durchs heruntergekurbelte Fenster weht ein heißer Wind: Ach, ist das schön, mal wieder so richtig weit weg zu sein. Kurz vor San Agustinillo fahren Sie durch Mazunte, ein Mekka für Meeresschildkröten. Dann erreichen Sie San Agustinillo: palmenblattgedeckte Häuser in Terrakottarot, Ockerbraun, Weiß, ein Tante-Emma-Laden namens El Grillo, in dem es Mückenmittel und Sonnenlotion zu kaufen gibt. Vor einem Saftladen purzelt eine Kokosnuss von einem Lieferwagen. Neben El Grillo führt ein Weg steil den Hügel hinauf. Dort oben, 200 Meter vom Strand entfernt, liegt die Casa Nani (zu kontaktieren über upjanic@gmail.com), ein Gästehaus mit drei Zimmern, in dem man unter einem Palmenblattdach schläft, das Duschwasser aus einem Bambusrohr prasselt und man von der Terrasse über Palmen, Bougainvilleen, Guaven, Hibisken und Aloe-vera-Pflanzen hinweg eine atemberaubende Aussicht auf den Pazifik genießt. Morgens erwacht man vom Rauschen der Wellen und vom Klappergeräusch der Vögel auf dem Dach, den Sonnenaufgang kann man zum Beispiel von der Hängematte aus erleben. Danach: runter zum Strand, einmal rein ins glasklare Wasser, dann den Yogis auf dem Sand beim Sonnengruß zugucken.

Man kann am Strand von San Agustinillo den ganzen Tag damit verbringen, im flachen Wasser mit den Wellen zu spielen, zu lesen, sich hin und wieder ein Bier mit Limette von einer der Strandbars zu holen und die Bodysurfer zu beobachten. Aber auch Faulenzen macht bekanntlich hungrig. Die Pizzeria La Termita hat nicht die beste Steinofenpizza der Welt, aber auch nicht die schlechteste. Obendrein ist der Platz grandios: Man sitzt direkt am Strand, zwischendurch kommt ein Musiker vorbei und spielt einem was auf seiner Gitarre vor, man schaut auf Fischerboote und den Mond, der langsam über den Bergen aufgeht.

In der Bucht des etwa 20 Autominuten von San Agustinillo entfernten Puerto Ángel glitzert das Wasser wie tausend Engelsaugen. Hier kann man, nach vorheriger Anfrage per WhatsApp (+52 95 81 11 46 82), das Motorboot eines sympathischen Einheimischen namens Wicho besteigen. Er fährt einen erst raus aufs Meer, wo man sich, wenn man Glück hat, inmitten Dutzender Delfine und der einen oder anderen Meeresschildkröte wiederfindet. Dann geht es zu einer der anliegenden einsamen Buchten: sanfte Wellen, Palmen, ein kleiner Stand, der Kokosnüsse verkauft, kaum Leute. Man wartet nur darauf, dass Captain Jack Sparrow um die Ecke biegt.

Zurück in San Agustinillo, schauen Sie zu einem späten Mittagessen in der Casa Aamori vorbei, einem Boutiquehotel mit Bambusbalustraden und dunklen Holzmöbeln auf den Zimmern. Das Haus liegt direkt am Strand, was, wie ein Gast berichtet, zu dem Luxusproblem führt, dass man wegen der Lautstärke der Brandung nur mit Ohropax einschlafen kann. Nach einem Teller herrlich frischer Ceviche kann man sich als Tagesgast auf einem der roten Holzsessel im Schatten der Palmen niederlassen. Manchmal schaut ein Leguan vorbei. Der Blick geht bis zu den Felsen am Ende des Strandes, der am späten Nachmittag in sepiafarbenem Licht liegt.

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