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2022-06-18 15:53:40 By : Mr. Bruce zhu

Veröffentlicht: 15. Juni 2022 14:00 Uhr

Camping ist Lifestyle – und Corona hat dem Campingboom der vergangenen Jahre noch einmal einen Turbo versetzt. Der neue Trend unter den Campern: Autarkie, also die Unabhängigkeit von Strom- und Wasserversorgung. Wir haben den Salzburger Reisefahrzeug-Experten Stefan Hinteregger in seiner Werkstatt in Grödig besucht.

Nicole Schuchter nicole.schuchter@salzburg24.at

Instagram macht es vor: Ein einsamer Bulli mit Surfbrett auf dem Dach, irgendwo im Nirgendwo, direkt am Meer, bei Sonnenuntergang. Knapp 13 Millionen Bilder sind unter dem Hashtag #vanlife auf der Plattform zu finden. Doch echte Camper wissen: Instagram ist nicht die Realität. Definitiv nicht.

Das weiß auch Stefan Hinteregger, der immer wieder mal mit Wünschen aus dem Instagram-Katalog konfrontiert wird. Der 50-Jährige hat sich 2017 mit seiner Firma Optimobil selbstständig gemacht und betreibt seit März 2018 eine Werkstatt für Camping, Wohnwagen, Wohnmobile sowie Expeditions- und Reisefahrzeuge in Grödig (Flachgau). Seine Kunden sind Camper – von Jung bis Alt, mit Fahrzeugen von groß bis klein, vom VW Bulli bis hin zum 500.000-Euro-Expeditionsmobil. Was sie alle vereint: Die Leidenschaft zum Automobil. „Wir sind sicherlich keine Standard-Werkstatt. Wir kümmern uns um Lieberhaber-Autos und nicht um klassische Nutzfahrzeuge“, so Hinteregger bei einem Besuch von SALZBURG24 in seiner Werkstatt.

Auf dem 4.000 Quadratmeter großen Areal in der Schlosserstraße in Grödig stehen gleich mehrere alte Steyr-Fahrzeuge, also ausgediente Feuerwehrautos und Bundesheer-Lkw. Während einige davon schlicht und einfach als Schlachtauto dienen, werden die gut erhaltenen „Rohlinge“ zu Wohn- oder Expeditionsmobilen umgebaut und verkauft. „Die Preise gehen durch die Decke“, erzählt der studierte Fahrzeugtechniker, der am liebsten selbst Hand anlegt, beim Rundgang durch die 1.000 Quadratmeter große und knapp acht Meter hohe Halle. „Alle wollen noch mehr Leistungssteigerung.“ Dazu komme der Wunsch nach maximalem Wohnkomfort für die ganze Familie sowie größtmögliche Freiheit hinsichtlich Reiselänge und -umgebung.

Aber auch bei den kleineren Camping-Fahrzeugen, Jung- wie Oldtimern, sei der Trend zur Autarkie zunehmen zu beobachten. „Corona hat das Camping-Thema massiv verändert“, so Hinteregger. „Die Leute konnten auf einmal nicht mehr so einfach in ein Flugzeug steigen und in ein fremdes Land fahren, da sind viele aufs Auto umgestiegen.“ So gehe es beim Campen immer mehr darum, unabhängig vom Campingplatz und der Infrastruktur zu sein. Das Freistehen-Können werde immer wichtiger. Entsprechend größer sei daher die Nachfrage nach Lösungen für Solaranlagen und Wasserversorgung.

Tatsächlich ist Wildcampen in den meisten europäischen Ländern mit kleineren Ausnahmen verboten. „Mittlerweile muss man den Schengenraum dafür schon verlassen“, weiß Hinteregger, der sich im Laufe der letzten 15 Jahre eigenhändig einen alten Steyr 680 zum Reisefahrzeug für die Familie umgebaut hat.

Aktuell sehr beliebt seien unter den Freicampern derzeit etwa Mazedonien und Albanien. In Österreich, wo das Freistehen ebenfalls verboten ist, entwickle sich gerade der Urlaub am Bauernhof zum neuen Trend: Über eine App können Plätze auf heimischen (Bio-)Bauernhöfen, Weingütern oder Imkereien gebucht werden. So hat etwa ein Grazer Start-up eine Plattform entwickelt, die Camper und Landwirte zusammenbringen soll. Unter „Schau auf’s Land“ können sich Höfe mit Direktvermarktung und Stellplatz kostenlos anmelden, Camper zahlen einen Mitgliedsbeitrag. Aktuell sind auf der Plattform bereits 1.000 Stellplätze und 425 Partnerbetriebe für naturnahes, freies Camping gelistet.

Pixabay/CC0 (SYMBOLBILD) Bauernhöfe sollen zu Campingplätzen werden Rasten unter Apfelbäumen, Produkte vom Bauernhof verkosten, aufwachen mit den Kühen - und dann mit Produkten vom Land mit dem Wohnwagen weiterfahren: Ein Grazer Umweltsystemwissenschafter will …

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Zurück in die Werkstatt von Optimobil: Ab Herbst beschäftigt Hinteregger seinen mittlerweile dritten Mechaniker. „Wir haben fast ein Jahr lang nach Verstärkung gesucht, der Fachkräftemangel macht sich leider auch in unserer Branche klar bemerkbar.“ Außerdem sei die Arbeit, die mitunter körperlich sehr anstrengend sein kann, ja auch nicht jedermanns Sache, schmunzelt Hinteregger. Der Reiz sei aber ganz klar: „Es sind die Leute, die zu uns kommen, die Verbindung, die wir aufbauen, wenn der Kunde auch mal am eigenen Fahrzeug mitschraubt und uns dabei die realen Geschichten des Vanlife erzählt."

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