Markdorf/Bermatingen: Im Wasser läuft er zur Hochform auf: Norbert Haaser ist 15-facher Weltmeister im Rettungsschwimmen | SÜDKURIER

2022-09-16 20:59:52 By : Mr. Cooper Chen

Markdorf/Bermatingen 02. März 2020, 16:10 Uhr

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Sie sind seit Jahrzehnten erfolgreicher Schwimmer und tragen den Namen Markdorf und Bermatingen als mehrfacher Weltmeister in die Welt. Wann entflammte Ihre Leidenschaft für den Wassersport?

Ich war etwa elf und im Urlaub in Griechenland. Mein Onkel sagte, ich dürfe erst auf sein Motorboot, wenn ich schwimmen könne. Er hatte ein kleines Hallenbad, in dem habe ich dann Schwimmen gelernt. Ich konnte erst tauchen, das Schwimmen über Wasser kam später. Wichtig war, dass ich nie Angst vor Wasser hatte und ich mochte Wellen. Die waren das Schönste. Flaches Wasser war nie so meins. Ich bin lieber in Seen oder im Meer.

Wie ging es weiter mit Ihrem Sport?

Ich gehörte als Jugendlicher mit etwa 15, 16 Jahren zu den ersten, die sich ein Windsurfbrett gekauft haben, um damit auf dem Bodensee zu surfen. Meine Eltern hatten in Seefelden einen Wohnwagen stehen, dort bin ich dann mit dem Moped hin zum Surfen. Ich mag Sportarten mit wenigen Geräten.

Was ist das Faszinierende am Surfen?

Man fliegt bei gutem Wind übers Wasser, kann über die Wellen springen, das ist gigantisch. Man hängt im Trapez und wenn Wind und Körpergewicht sich ausgleichen, kostet es keine Kraft mehr. Auch der Sport mit dem Surfbrett ist unvergleichlich. Für diese Momente nimmt man gern in Kauf, dass man dreiviertel der Zeit raus aufs Meer paddelt. Wenn man dann DIE Welle erwischt, ist das besser als Windsurfen.

Wie kamen Sie zur DLRG?

Meine Schulkameraden waren in der DLRG Bermatingen, die wollten, dass ich mitmache. Ich bin geblieben, während meine Kameraden keine Lust mehr hatten. Damals war Manfred Schröter Bademeister und DLRG-Vorsitzender. Er hat uns sehr motiviert, durch ihn bin ich zu Wettkämpfen gekommen. Für die ganz Jungen standen gleich Meisterschaften an. Ich habe darum gekämpft, dass ich in die Mannschaft kam und hab es knapp geschafft.

Was ist das Schöne am und im DLRG?

Die Vielfalt: Dort lernt man Tauchen, das Schwimmen mit Puppe und in Kleidern. Später geht man ins Freigewässer.

Sind Sie ein ehrgeiziger Mensch?

Ja, und manchmal auch verbissen, was den Sport betrifft. Aber wenn man etwas erreichen will, braucht man viel Disziplin und Biss. Auf anderen Gebieten bin ich das auch, aber nicht so extrem.

So erreichten Sie auch einen Titel nach dem anderen?

Es hat gleich geklappt mit dem Bezirksmeister, dem Württembergischen und dem Deutschen Meister. Die Bermatinger waren früher mit der DLRG Friedrichshafen verbunden und starteten im Württembergischen. Nachdem die Bermatinger Ortsgruppe sich selbstständig gemacht hatte, ist sie aber im dortigen Verband verblieben. Früher waren die Württemberger auch wettkampfstärker, inzwischen hält sich das die Waage.

Zunächst war es dreimal wöchentlich, zwischen einer und eineinhalb Stunden, dann wurde es mehr. Ein großes Ziel war immer die Teilnahme um den Deutschlandpokal, bei dem alle Nationalmannschaften mitmachen und alle Landesmannschaften von Deutschland. Dafür müssen sich die fünf besten württembergischen Schwimmer qualifizieren. Das habe ich 20 Jahre hintereinander geschafft, es aber nun beendet. Als ich mitbekam, dass die DLRG auch am Freigewässer, am Strand mit Laufen, Rettungskajak und Rettungsbrett um Zeit wetteifert, war ich sofort dabei.

Welche Titel haben Sie sich erschwommen?

Oh, die habe ich nicht gezählt(überlegt). Ich war 15 Mal Weltmeister, davon waren es elf Einzel- und vier Mannschaftstitel sowie neun Weltrekorde. Zwei davon sind bis heute noch nicht eingestellt.

Sie beteiligten sich erst relativ spät an den Weltmeisterschaften, erstmals 2006 in Australien.

Allein macht man das auch nicht. Als ich bei einem Wettkampf in Warnemünde meine spätere Frau Anneke getroffen habe, bin ich mit ihrem Verein mitgeflogen und konnte deren Organisation nutzen. Auch heute starte ich noch mit meiner Frau zusammen. Sie schwimmt für Nordrhein-Westfalen und ist 2018 Vizeweltmeisterin geworden. Seit etwa zehn Jahren fährt unser Verein zu den Weltmeisterschaften und hat sich einen guten Ruf erarbeitet, sodass Teilnehmer anderer Vereine zu uns kommen und für Bermatingen schwimmen.

Gute Leute werden gern abgeworben. War das auch bei Ihnen der Fall?

Ja. Ich bin schon oft gefragt worden, aber ich bin treu. Ich möchte mit den Jungs schwimmen, mit denen ich trainiere, die ich gut kenne, mit denen ich gut auskomme. Lieber Zweiter mit denen als Erster mit anderen. Nein, (korrigiert lachend) lieber Erster mit meinen. Aber zum Thema Loyalität: Man schwimmt ganz anders mit eigenen Leuten. Das ist Teamsport.

Die weltweiten Reisen kosten. Wie werden Sie unterstützt?

Alles wird privat finanziert, es gibt keine Sponsoren. Für die Meisterschaften Freigewässer gibt es 1000 Euro von unserem Verein. Die werden verteilt. Mal gibt es einen 50er oder 100er. Es gibt keine Preisgelder. Da die DLRG ein gemeinnütziger Verein ist, darf man kein Geld annehmen, das ist jedenfalls bei den Deutschen so. Höchstens mal eine Badehose.

Schwierig sind auch die Trainingsbedingungen nach der Schließung des Bermatinger Hallenbads.

Jetzt trainieren wir im Uhldinger Hallenbad. Das ist auf der einen Seite nur knietief, man kann nicht wenden und es gibt keine Startblöcke. Das neue Hallenbad Friedrichshafen ist sehr belegt; man muss oft Kompromisse eingehen. Das Training im Schloss Salem ist auch nur noch jede zweite Woche möglich.

Viele Vereine beklagen Nachwuchsprobleme. Wie sieht es bei der DLRG aus?

Die Zeiten sind vorbei, bei uns ist es rappelvoll. Wahrscheinlich, weil wir durch unsere Wettkämpfe bekannt geworden sind und weil wir eine gute Mischung aus Sport und Geselligkeit pflegen, abseits von Wettkämpfen. Zudem gibt es bei uns keine Intrigen, keine Gruppenbildung, keiner fällt aus der Reihe. Nach dem Sport geht man noch etwas trinken und essen und ist privat befreundet.

Die Zahl der Nichtschwimmer nimmt zu. Ist das eine bedenkliche Entwicklung?

Es gibt immer weniger Hallen- und Sportbäder und Platz dort. Generell wird immer weniger geschwommen. Schlimm finde ich, dass Schwimmen im Sportunterricht nicht mehr verpflichtend ist.

Wie können Sie einen Sportmuffel vom Schwimmen überzeugen, was macht die Faszination aus?

Die Fortbewegung ohne Hilfsmittel. Mit Flossen tauchen ist nochmal etwas Besonderes, ein gigantisches Gefühl. Das ist wie dreidimensional schweben, kaum vermittelbar oder in Worte zu fassen. Man muss es selbst probieren. Der ganze Körper wird beansprucht. Beim Wettkampfschwimmen kann ich komplett abschalten, da denke ich nur an die Optimierung meines Schwimmstils. Danach kann ich zehn Minuten von meinen Gedanken erzählen. Aber Schwimmen kostet viel Training, Disziplin und Aufwand. Im Tennisspielen hat man gleich mal Erfolge. Nach außen klingt es so einfach, aber es steckt so viel Arbeit dahinter. Es ist es aber wert. Aber ein bisschen Spinner muss man schon sein.

Was bedeuten Ihnen Ihre Erfolge?

Für mich ist es schon Genugtuung, wenn man weiß, es ist ganz gut. Letztes Jahr in Australien bin ich gegen einen Australier geschwommen, Paul Lemon, wir kommen gut miteinander aus. Er ist in seinem Land ein Held und hat in Australien zwölf WM-Medaillen gewonnen. Der kann alles, im Freigewässer ist er unschlagbar. Aber ich war im Flossenschwimmen etwas besser. In einem Interview mit einem australischen Sender beschrieb er, wie er gegen mich verloren hat. Eine Anerkennung von einem australischen Spitzensportler, das hat schon was.

Wie sieht Ihre sportliche Zukunft aus?

So lange es Spaß macht und so lange es geht, mache ich weiter. Je nach Disziplin wird der Körper schon immens belastet, wie beim Zwei-Kilometer-Strandlauf und Staffeln mit dem Rettungsbrett. Bei Beachflags beispielsweise liegt man bäuchlings im Sand und auf Kommando startet eine Art Reise nach Jerusalem, man muss einen Stab in einer Distanz von 20 Metern erwischen. Es gibt immer einen Stab weniger als Teilnehmer. Dabei kommt es oft zu Verletzungen.

In Deutschland sind die Rettungsschwimmer zwar unverzichtbare Beobachter an Seen, aber das war es, oder?

Wenn ich das mit anderen Ländern vergleiche, ja. In Australien haben die Rettungsschwimmer einen Stellenwert wie bei uns die Fußballer, der Sport ist richtig anerkannt. Sie beginnen schon im Kindergartenalter mit dem Training, sind auf Kelloggs-Tüten abgebildet, können von ihrem Beruf leben, sind sogar millionenschwer und vor allen Dingen als Sportler sehr angesehen. Bei uns in Deutschland heißt es oft: Der kann nichts anderes.

Sie haben bei Ihren Wettkämpfen viele Länder kennengelernt. Wo hat es Ihnen am besten gefallen?

Kanada und Australien. Diese Länder sind ähnlich, dort leben relativ wenige Leute auf viel Platz. Auf dem Land sind alle relaxt und lange nicht so aggressiv, wie wenn sie sich gegenseitig auf der Pelle sitzen. Wenn es überall mehr Platz auf der Erde gäbe, gäbe es weniger Streit.

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