Bionic Reading: Die Zukunft der Texte im Internet?

2022-09-23 21:29:22 By : Mr. Miss Rita

05.07.2022 um 08:04 Uhr von Andreas Link - Aus der Schweiz kommt vielleicht die Zukunft der Texte im Internet - Bionic Reading. Mittels eines intelligenten Algorithmus werden Texte analysiert und, zusammen mit persönlichen Präferenzen, zur schnelleren Erfassung aufbereitet.

Die Aufmerksamkeitsspannen im Internet werden immer kürzer. Nutzer erfassen lange Texte meist nur noch, wenn sie sich im Detail für das Thema interessieren. Ansonsten wird mehrheitlich überflogen. Dabei soll Bionic Reading helfen. Dabei handelt es sich um eine vom Erfinder Renato Casutt entwickelte Methode, die Texte an bestimmten Stellen mittels eines Algorithmus fettet, sodass diese leichter zu erfassen sein sollen. Im Prinzip setzt die Methode auf ein hinlänglich bekanntes Phänomen: die "Autovervollständigenfunktion" des Gehirns. Es heißt: "Bionic Reading ermöglicht es den Augen, über die Wörter und Texte zu 'skippen'. Ähnlich einem Surfboard, das nur auf der Wellenspitze gleitet". Komplexe Sachverhalte sind damit, so die Idee, einfacher zu erfassen, einfache Inhalte schneller zu konsumieren. Texte im Internet sollen, kurz gesagt, besser lesbar werden.

"Bionic Reading überarbeitet Texte so, dass die prägnantesten Teile der Wörter hervorgehoben werden. So wird das Auge über den Text geleitet und das Gehirn erinnert sich schneller an bereits erlernte Worte." Bionic Reading: Die Zukunft der Texte im Internet? (2) Quelle: Bionic Reading Wer will, kann es anhand des Vergleichs oben testen. Oder die Webseite von Bionic Reading besuchen, wo man zu Testzwecken Texte mit dem Algorithmus ausstatten lassen kann, der auch persönliche Präferenzen berücksichtigt. So kann der Nutzer zum Beispiel zwischen starker und schwacher Fixation wählen und Sakkaden festlegen. Für den professionellen Einsatz gibt es auch ein Geschäftsmodell hinter Bionic Reading und eine Browser-Erweiterung für Chrome (-ium). Das Geld dient der Weiterentwicklung, die Technik breiter aufzustellen - eine API für Entwickler, mehr Integration in Apps und Programme.

"Wie ich auf Bionic Reading gekommen bin, ist eine etwas sonderbare Geschichte", schreibt der Entwickler. "Es war so, dass ich während meines Studiums eine Buchgestaltung für einen Schweizer Bestseller-Autor erarbeiten durfte. Sozusagen eine kleine Competition. Dieser Buchautor hat jedoch seine Texte nicht in deutscher Schriftsprache verfasst, sondern in einer Dialektform der Schweizer Sprache, die ich mit Lesen nicht verstanden habe. So habe ich gemerkt, dass ich große Schwierigkeiten habe, den Text zu lesen.

Es war anders, als der Autor etwas in seiner Sprache erzählt hat. Da konnte ich jedes Wort aufnehmen und habe den Zusammenhang sofort verstanden. Das heißt, durchs Hören kannte mein Gehirn diesen Dialekt bestens. Aber beim Lesen war das natürlich weg, da wir die textlichen Informationen über das Auge aufnehmen. Ich habe dann gemerkt, woran das liegen könnte. Denn ich lese ja niemals in dieser Dialektform, deswegen hat mein Gehirn noch gar keinen Wortschatz, den es abgleichen könnte.

Und das musste ich ändern. Ich habe dann festgestellt, dass ich nur einzelne Fragmente der Wörter benötige, um meinem Gehirn mitzuteilen: hey, Du kennst ein sehr ähnliches Wort. Also nimm das. Es hat nämlich die genau gleiche Bedeutung. Ich habe dann Wort für Wort in Bionic Reading umgewandelt, also sozusagen für mein Gehirn übersetzt, und konnte auf einmal den ganzen Text lesen und verstehen. Kleine Studien in der Schule haben dann gezeigt, dass diese Form noch einen weiteren Nebeneffekt hatte. Nämlich, meine Mitschüler konnten dadurch auch schneller lesen".