Jaroslawa Mahutschich floh aus der Ukraine – und ist jetzt Hochsprung-Weltmeisterin | STERN.de

2022-05-28 05:08:26 By : Mr. Alex Chen

Die ukrainische Hochspringerin Jaroslawa Mahutschich hat sich den Titel bei den Hallen-Weltmeisterschaften in der Leichtathletik gesichert. Die Olympia-Dritte überquerte am Samstag in Belgrad 2,02 Meter und siegte vor der Australierin Nicola McDermott. Die Olympia-Zweite aus dem Vorjahr in Tokio meisterte 2,00 Meter. Irina Geraschtschenko aus der Ukraine wurde mit 1,92 Metern Fünfte.

Mahutschich und Geraschtschenko gehören zum kleinen ukrainischen Aufgebot, das trotz des russischen Angriffs auf die Heimat in Belgrad am Start ist. Die Siegerin, die ihre Fingernägel in den Farben ihres Landes lackiert hatte, hüllte sich nach dem Erfolg in eine gelb-blaue Fahne und wurde vom ukrainischen Team gefeiert.

Dabei musste Mahutschich selbst den Schrecken des Krieges erleben. Drei Tage habe die Reise aus der Ukraine nach Belgrad gedauert – eine Reise von fast 2000 Kilometern. Sie habe dabei "Hunderte von Telefonanrufen, viele Richtungsänderungen, Explosionen, Brände und Luftangriffssirenen" erlebt, berichtet der Verband European Athletics (EA). Am 9. März erreichte sie die serbische Hauptstadt.

Mahutschich hatte nach ihrer Reise nach Serbien immer noch Zweifel an ihrer Leistungsfähigkeit. "Ich bezweifelte sogar, dass ich überhaupt springen könnte, aber meine Trainerin sagte, ich müsse rausgehen und mit der Form und Fitness auftreten, die ich vor Beginn der russischen Invasion hatte", sagte Mahutschich mit der ukrainischen Flagge um ihre Schultern.

Dem EA berichtete sie, wie sie den Beginn des russischen Angriffskrieges erlebte. "Es war der 24. Februar, 4.30 Uhr, als ich in meiner Wohnung in der Stadt Dnipro wegen schrecklicher Geräusche von Explosionen, Artilleriefeuer und Schüssen aufwachte. Noch bevor ich meine Eltern anrief, war mir klar, dass dies Krieg war." Sie könne nicht, was sie in diesem Moment fühlte, und sie wünsche, "niemand auf der Welt würde die gleichen oder sogar ähnliche Gefühle haben".

"Nach Stunden totaler Panik verließen wir unsere Stadt und zogen in ein kleines Dorf nicht weit von zu Hause. Damals dachte noch niemand ans Training, da wir gezwungen waren, Tage im Keller zu verbringen", so die 20-Jährige. Ständig habe man Nachrichten verfolgt. Einen Tag später habe Mahutschich das Training wieder aufgenommen.

"Wir standen in Kontakt mit den ukrainischen Leichtathletikverbänden, mit meinem Manager Aivar Karotamm und seinem ukrainischen Assistenten Oleksandr Krykun, und wir alle suchten nach dem besten – sichersten – Weg, um das Training wieder aufzunehmen, und begannen erst dann, über die Chance nachzudenken, hier aufzutreten in Belgrad."

Gemeinsam mit World Athletics, den rumänischen und serbischen Leichtathletikverbänden sei die Reise nach Belgrad schließlich arrangiert worden.

"Alle meine Gedanken sind in der Ukraine und bei allen Ukrainern, die jetzt mein Vaterland verteidigen, aber ich muss die Dinge tun, mit denen ich vertraut bin. Ich muss Leistung erbringen, um die Ukraine in der internationalen Sportarena so gut wie möglich zu vertreten", sagte die Hochspringerin.

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